- Digitaler Wandel in der Schweiz stagniert
- Reifegrad der Cloud-Lösungen ausbaufähig
- Künstliche Intelligenz gewinnt an Bedeutung
Walldorf/Zürich, 15.10.2024 – Die digitale Transformation in der Schweiz verläuft weiterhin schleppend. Daher steht der Jahreskongress der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) dieses Jahr unter dem Motto: «Dreiklang der Zukunft: Anwender, SAP und Partner als Taktgeber der Transformation». Viele Schweizer Unternehmen sehen in der aktuellen SAP-Strategie jedoch noch nicht den notwendigen Fortschritt, besonders im Hinblick auf die Zukunft, die für viele noch stark von On-Premises-Systemen geprägt ist. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass der derzeitige Hype um Künstliche Intelligenz (KI) zwar in der Theorie viel diskutiert wird, aber in der Praxis in Schweizer Unternehmen noch wenig Anwendung findet. Eine aktuelle Umfrage zur KI-Nutzung*, durchgeführt von der DSAG und der amerikanischen SAP-Anwendergruppe Americas‘ SAP Users’ Group (ASUG), liefert interessante Einblicke in den Status quo der KI-Implementierung in Schweizer Unternehmen.
Anwender SAP und Partner sind sich einig, dass der «Wunderbare Wandel», der beim Jahreskongress 2023 im Mittelpunkt stand, nach wie vor nur gemeinsam erfolgreich gestaltet werden kann. Dementsprechend steht der Jahreskongress 2024 unter dem Motto «Dreiklang der Zukunft: Anwender, SAP und Partner als Taktgeber der Transformation». Die harmonische Tonfolge tut not, zeichnet doch der Blick in den DSAG-Investitionsreport 2024** ein ähnliches Bild wie im letzten Jahr. Nach wie vor geben 57 Prozent der Schweizer Unternehmen an (DACH: 48 Prozent), noch nicht sehr weit bei ihrer digitalen Transformation zu sein. Und eine aktuelle DSAG-ASUG-Umfrage* von 2024 bestätigt das Bild. Demnach können mit der Geschwindigkeit des Wandels auf technischer, gesellschaftlicher und/oder wirtschaftlicher Ebene nur 8 Prozent der befragten Schweizer Unternehmen (DACH: 11 Prozent) problemlos mithalten, 58 Prozent (DACH: 59 Prozent) einigermassen und 25 Prozent (DACH: 24 Prozent) können nicht mithalten. «Die Tendenz des Investitionsreports setzt sich fort. Ich bin überzeugt, dass der mitunter grosse Aufwand für eine Transformation das eine oder andere Projekt erst mal ins Stocken gebracht hat und folglich nach wie vor einer der zentralen Show-Stopper sein dürfte», fasst Jean-Claude Flury, DSAG-Fachvorstand für die Schweiz, zusammen.
Innovationstreiber und Vermittler: SAP-Partner
Bei den damit verbundenen Herausforderungen müssen die Unternehmen nach Kräften von der DSAG, von SAP und von den SAP-Partnern unterstützt werden. «SAP-Partner haben eine bedeutende und multifunktionale Rolle, die für die digitale Transformation der Schweizer Unternehmen essenziell ist. Sie sind schon allein aufgrund der oftmals in den Unternehmen knappen personellen Ressourcen unverzichtbar, um den digitalen Wandel voranzutreiben», so Jean-Claude Flury. Zudem tragen sie dazu bei, Geschäftsprozesse zu verbessern und effizienter zu gestalten. Und nicht zuletzt entwickeln sie in enger Abstimmung mit SAP und dem Ökosystem Innovationen und treiben sie voran.
In vielen DSAG-Gremien aktiv, sind die Partner oft gleichzeitig selbst SAP-Anwender und Anbieter SAP-bezogener Dienstleistungen und Lösungen. Das macht sie zu zentralen Vermittlern zwischen SAP und Kunden. Dafür braucht es aus Sicht der Partner eine noch engere Zusammenarbeit mit SAP. Dabei ist es wichtig, dass sie von SAP noch besser in die Entscheidungen rund um das Lösungsportfolio und dessen Umsetzung eingebunden werden. Eine bessere Kommunikation mit und Unterstützung durch SAP ist hier zentral. Nicht zuletzt, damit auch die Partner selbst ihren eigenen Wandel und die Transformation in die Cloud schaffen und die dabei gewonnene Expertise an ihre Kunden weitergeben können. Mit dem Partnerbeirat bietet die DSAG dafür ein passendes Forum und Podium, um die Interessen der Partner zu kanalisieren.
Cloud-Migration: Schweizer Unternehmen möchten flexiblere Strategien
Aktuell biete SAP den Unternehmen Lösungen für die digitale Transformation an, mit denen die Migration der Anwenderunternehmen hin zur Cloud-ERP forciert werden soll. Mit dem Programm „RISE with SAP Migration and Modernization” reagierte SAP auf eine Forderung der DSAG, insbesondere On-Premises-Kunden, die der SAP-Strategie in Richtung S/4HANA bereits gefolgt sind, bei der Cloud-Migration entgegenzukommen. Laut dem DSAG-Investitionsreport 2024 sehen einige der befragten Mitgliedsunternehmen die S/4HANA-Cloud-Strategie von SAP für ihr Unternehmen als noch nicht passend an. Dies sagen 24 Prozent der Schweizer Mitgliedsunternehmen und knapp die Hälfte im gesamten DACH-Raum. Weder positiv noch negativ beurteilen 52 Prozent der Schweizer Befragten (DACH: 32 Prozent) die S/4HANA-Cloud-Strategie. «Insgesamt spiegeln die vielen neutralen Urteile die Unsicherheit wider, die viele Unternehmen in Bezug auf die Cloud-Migration und die damit verbundenen strategischen Entscheidungen empfinden. Eine klarere Kommunikation, transparente Informationen über den Implementierungsprozess sowie Best Practices und Referenzarchitekturen könnten dazu beitragen, die Unsicherheiten zu verringern und eine positivere Einschätzung der S/4HANA-Cloud-Strategie zu fördern», ist sich der DSAG-Fachvorstand sicher.
Hier muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Umfrage teilweise bereits vor dem Launch des SAP-Programms stattgefunden hat. Der Diskussionsbedarf zu einigen Themen bleibt also erhalten. Die Benachteiligung von On-Premises-Kunden bei Innovationen, der wahrgenommene Druck bezüglich einer Umstellung auf die Cloud und die zunehmende Abhängigkeit von SAP seien exemplarisch genannt. «Wenn Innovationen nur den Cloud-Lösungen vorbehalten blieben, wäre das auch für die Schweizer Unternehmen ein fatales Signal. Hier braucht es eine Strategie von SAP, die weiter greift. Zumal angesichts der Tatsache, dass bis Ende 2027 wichtige Produkte, wie das SAP ERP Central Component (SAP ECC) auslaufen werden», fasst Jean-Claude Fury eine Anforderung zusammen. «Die Antwort der SAP auf diese Wünsche der Anwenderunternehmen wird auch die Relevanz von SAP in der Strategie der Unternehmen beeinflussen», so Flury weiter.
On-Premises bleibt relevant, hybride Lösungen für die digitale Transformation
Die Cloud mag ein wesentlicher Treiber in der digitalen Transformation sein. Aber auch On-Premises-Systeme werden noch einige Zeit eine hohe Relevanz behalten, z. B. in Branchen mit hoher Prozesskomplexität, oder aufgrund von rechtlichen bzw. datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen oder individuellen Anforderungen. «Auch bei den Schweizer Unternehmen werden Cloud-Lösungen eine immer stärkere Rolle spielen und ihren festen Platz in den IT-Architekturen einnehmen. Das setzt jedoch voraus, dass sich der Reifegrad der Lösungen deutlich und schnell verbessert. Für die nahe Zukunft gilt daher in diesem Bereich weiterhin, dass hybride Lösungen dominieren werden», erläutert Jean-Claude Flury.
Dementsprechend benötigen die Unternehmen klare Antworten, z. B. wie sie den Mehrwert der Cloud nutzen können und hinsichtlich der Flexibilität des Betriebsmodells. Unter dem Stichwort Investitionsschutz muss zudem klar ersichtlich sein, welche Kosten mit einer vermehrten Cloud-Nutzung einhergehen oder auch durch die Nutzung von nachgelagerten Services anfallen können.
Digitale Transformation und Künstliche Intelligenz
Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist auch bei den Schweizer Unternehmen in aller Munde. Aber als Experte in Sachen KI sieht sich laut Umfrage kein Schweizer Unternehmen (DACH: 7 Prozent), bei Generativer KI sind es 4 Prozent (DACH: 8 Prozent). Doch 50 Prozent der Befragten (DACH: 54 Prozent) lernen im Moment viel über KI und 42 Prozent über Generative KI (DACH: 48 Prozent). «Die Auseinandersetzung mit KI, den Voraussetzungen und den möglichen Einsatzszenarien ist aktuell das Gebot der Stunde, auch bei den Schweizer Unternehmen. Das macht diese Umfrage sehr deutlich», kommentiert Jean-Claude Flury.
SAP arbeitet aktiv daran, ihr KI-Lösungs-Portfolio an die tiefgreifenden Veränderungen in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft anzupassen. Die Roadmap beinhaltet bereits die schrittweise Integration von KI-Funktionen in Geschäftsprozesse unter der Bezeichnung SAP Business AI. Dass die Konzentration dabei primär auf der Cloud liegt, bietet allerdings Stoff für angeregte Diskussionen zwischen DSAG und SAP. Immerhin ermöglicht der sogenannte Generative AI Hub in der SAP Business Technology Platform den Zugriff auf grosse Sprachmodelle wie von Amazon Webservices. Die fortschrittlichen Algorithmen und KI-Modelle können von den Partnern kommen, während SAP weiterhin die unternehmensspezifischen Geschäftsdaten beisteuert. Bis zu einhundert Use-Cases für Künstliche Intelligenz hat SAP bis Ende 2024 angekündigt. «Es bleibt abzuwarten, wie SAP diese Ankündigung in die Tat umsetzen kann. Wichtig wird in jedem Fall sein, dass der konkrete Nutzen für die Anwender klar ersichtlich wird und ein tragfähiger Business-Case gerechnet werden kann. Wir sind mit SAP hierzu in sehr engem Austausch», erläutert Jean-Claude Flury.
KI-Integration: Transparenz und Preismodelle
Laut der aktuellen ASUG-DSAG-Umfrage gibt es einige relevante Faktoren, wenn Unternehmen und Organisationen über ein KI-Projekt nachdenken. Transparenz und Klarheit darüber, wo KI eingesetzt wird und auf welchen Daten sie basiert, ist für 90 Prozent der Schweizer Unternehmen sehr wichtig und wichtig (DACH: 92 Prozent). Für 68 Prozent (DACH: 86 Prozent) der Befragten sind angemessene Preismodelle sehr wichtig und wichtig. Dass KI-Lösungen in bestehende Systeme eingebettet werden können, ist für 89 Prozent (DACH: 85 Prozent) sehr wichtig und wichtig. Die Möglichkeit, KI unabhängig vom SAP-Betriebsmodell vor Ort einsetzen zu können, halten 58 Prozent (DACH: 65 Prozent) für sehr wichtig und wichtig. «Es ist keine Überraschung, dass auch bei KI-Projekten die identischen Faktoren wie bei anderen Lösungen aufgerufen werden: Transparenz, Datenbasis, Preismodell und Integration. Wenn SAP in diesen und weiteren Punkten angemessen unterstützt, wird das für viele Unternehmen eine wichtige Entscheidungshilfe sein», kommentiert Jean-Claude Flury.
Als Fazit lässt sich festhalten: Die Einsatzmöglichkeiten von KI müssen noch transparenter vermittelt werden. Referenzarchitekturen, Best-Practices-Guides und Standards für Integrationsszenarien und -technologien, inklusive einheitlicher Regelungen zur Integration von KI-Modellen in SAP-Applikationen und der Datennutzung müssen entwickelt und verfügbar gemacht werden. «Die digitale Transformation passiert und Anwenderunternehmen, SAP und Partner müssen sich damit auseinandersetzen. Es liegt an uns, Transformation erfolgreich zu gestalten», fasst der DSAG-Fachvorstand Schweiz zusammen.
Was es von SAP braucht
- Die Unternehmen benötigen klare Antworten, z. B. wie sie den Mehrwert von Cloud-Lösungen nutzen können und zur Flexibilität des Betriebsmodells.
- Es braucht klare Perspektiven, vor allem für Produkte, die bis 2027 auslaufen. Neue Lösungen, auf die dann gegebenenfalls migriert werden soll, müssen dann entsprechend ausgereift sein.
- Was für die S/4HANA Private Cloud gilt, muss auch für S/4HANA On-Premises mit identischem Leistungsumfang verfügbar sein. On-Premises-Kunden dürfen durch Innovationen exklusiv für die Cloud-Produkte nicht benachteiligt werden.
- Bereits vorhandene als auch geplante Möglichkeiten, KI zu nutzen, müssen noch transparenter vermittelt werden.
- Angemessene und transparente Preismodelle, die sich am Reifegrad und Umfang einer KI-Funktionalität orientieren, sind ebenso notwendig, wie die Bereitstellung von KI-Innovationen für alle S/4HANA-Kunden, unabhängig vom Betriebsmodell.
- Referenzarchitekturen, Best-Practices-Guides und Standards für Integrationsszenarien und -technologien, inklusive einheitlicher Regelungen zur Integration von KI-Modellen in SAP-Applikationen und der Datennutzung müssen entwickelt und verfügbar gemacht werden.
*Erhebungsgrundlage DSAG-ASUG-Umfrage
Die DSAG-ASUG-Umfrage „Einsatz von Künstlicher Intelligenz” wurde im Zeitraum vom 13. August bis 13. September 2024 unter den DSAG-Mitgliedern durchgeführt. Die Antworten von 246 Teilnehmenden wurden ausgewertet. 73 Prozent der Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, 11 Prozent in Österreich und 10 Prozent in der Schweiz. 6 Prozent in anderen Ländern. Bei den Unternehmensbereichen, die sich an der Umfrage beteiligten, liegt die IT mit 64 Prozent vorn, gefolgt von der Geschäftsführung mit 8 Prozent, Finanz- und Personalwesen mit je 4 Prozent und Forschung und Entwicklung mit 3 Prozent. Aus der Schweiz haben sich 24 Teilnehmende an der Umfrage beteiligt.
**Erhebungsgrundlage DSAG-Investitionsreport
Im Zeitraum vom 23. Januar 2024 bis 13. Februar 2024 haben 228 Personen an der Umfrage teilgenommen. Pro Mitgliedsunternehmen wurde nur eine Person befragt. Dabei handelte es sich um CIO, CC-Leitende oder Ansprechpersonen ausschliesslich aus Anwenderunternehmen. Bei den Branchen dominierten unter den TOP-5 der Maschinen-, Geräte- und Komponentenbau mit 12 Prozent, gefolgt vom öffentlichen Sektor mit 11 Prozent sowie der Chemieindustrie mit 7 Prozent. Die Automobilindustrie sowie die Hightech- und Elektronikindustrie stellten jeweils 6 Prozent der Teilnehmenden. 44 Prozent der Unternehmen beschäftigen 500 bis 2’499 Mitarbeitende. 73 Prozent der Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, 13 Prozent in Österreich, 9 Prozent in der Schweiz und 4 Prozent in sonstigen Ländern.
Alle aktuellen DSAG-Positionen finden Sie im DSAG-Pressezentrum.
Über die DSAG
Die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) ist einer der einflussreichsten Anwenderverbände der Welt. Über 4’000 Mitgliedsunternehmen und mehr als 68’000 Mitgliedspersonen bilden ein starkes Netzwerk, das sich vom Mittelstand bis zum DAX-Konzern und über alle wirtschaftlichen Branchen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) erstreckt. Auf Basis dieser Reichweite gewinnt der Industrieverband fundierte Einblicke in die digitalen Herausforderungen im DACH-Markt. Die DSAG nutzt diesen Wissensvorsprung, um die Interessen der SAP-Anwender zu vertreten und ihren Mitgliedern den Weg in die Digitalisierung zu ebnen.
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.dsag.de, www.dsag.at, www.dsag-ev.ch
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